„Staatsfeinde im Staatsdienst“ Neue Extremismus-Fälle bei der Polizei Sachsen

Nazi-Parolen, Leugnung des Holocausts, Reichsbürger-Allüren: Die Polizei Sachsen hat mit weiteren Rechtsextremismus-Fällen zu tun.

Auch im zweiten Halbjahr 2023 sind wieder sächsische Polizisten als mutmaßliche Rechtsextremisten auffällig geworden. Es seien insgesamt sechs Verdachtsfälle registriert worden, antwortete das Innenministerium in Dresden auf eine Kleine Anfrage der Linken-Abgeordneten Kerstin Köditz.

Betroffen sind demnach Bedienstete der Polizeidirektionen Chemnitz, Leipzig und Zwickau sowie der Hochschule der Polizei in Rothenburg. In drei Fällen wurden Ermittlungsverfahren eröffnet, in einem davon wieder eingestellt. Fünf Polizisten wurde die Führung der Dienstgeschäfte untersagt, was einer vorläufigen Suspendierung gleichkommt. In drei Fällen wurde zudem ein Entlassungsverfahren eingeleitet.

Ein mutmaßlicher Reichsbürger unter den Verdächtigen

Einem Polizisten werden „verbotene Grußformen und Parolen in einem Club“ vorgeworfen, außerdem Diebstahl und Körperverletzung. Gegen ihn wurde ein Strafbefehl beantragt, er soll eine Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zahlen.

Das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen wird auch zwei weiteren Polizeiangehörigen vorgeworfen. Einer soll zudem Videos in sozialen Medien veröffentlicht haben, die den Nationalsozialismus verharmlosen. Ein anderer soll den Holocaust geleugnet haben und der Reichsbürgerszene angehören. Ein Polizeimeisteranwärter soll über Wochen immer wieder einen Mitschüler rassistisch beleidigt haben.

In Sachsen werden solche Verdachtsfälle seit 2017 erfasst. Inzwischen ist dafür eine Koordinierungsstelle für Extremismusprävention und -bekämpfung zuständig. Insgesamt wurden bisher rund 80 Fälle registriert. Im ersten Halbjahr 2023 waren acht Verdachtsfälle aktenkundig geworden.

Aktuelle Kritik: Polizei Chemnitz schmeißt Blumen weg

„Staatsfeinde haben im Staatsdienst nichts zu suchen“, erklärte Linken-Politikerin Köditz. Innenminister Armin Schuster (CDU) hatte bereits vor einem Jahr gesagt: „Leider gibt es solche Fälle innerhalb der sächsischen Polizei – das ist nicht tolerierbar.“ Es handele sich aber um Ausnahmen: 99 Prozent der Beamten würden „mit beiden Beinen fest auf dem Boden unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung stehen“.

Unterdessen sorgt aktuell der Umgang der Chemnitzer Polizei mit einer Gedenkveranstaltung für die Opfer der rassistischen Morde in Hanau für Kritik. Die Initiative Chemnitz Nazifrei hatte dokumentiert, wie Beamte direkt nach der Kundgebung abgelegte Blumen und Kerzen entsorgten.

„Wir sind wütend“, schrieb die Initiative in den sozialen Medien. „Wie würdelos ist es, die Blumen und Kerzen, die an ermordete Menschen erinnern sollen, noch an ihrem Todestag in den Mülleimer zu schmeißen.“

Die Polizei räumte anschließend einen Fehler ein. Die Stadtverwaltung sprach von einem „Missverständnis zwischen Ordnungsamt und Polizei“ und bat um Entschuldigung.